10 Beste Tipps zum Thema Verfahrenskostenhilfe (VKH)
Ihr Scheidungs-Infopaket
Ihnen steht der Staat mit Verfahrenskostenhilfe (VKH) zur Seite, wenn Sie Ihre Scheidung nicht bezahlen können. Viele Anträge auf Bewilligung staatlicher Verfahrenskostenhilfe scheitern allerdings daran, dass die Antragsteller die Voraussetzungen ignorieren, falsch einschätzen oder die Antragsformulare fehlerhaft ausfüllen. Wir haben „10 Beste Tipps“ für Sie zusammengetragen, damit Sie das Ziel „VKH“ erreichen.
Das Wichtigste
- Verfahrenskostenhilfe ist eine staatliche Fürsorgeleistung. Der Staat übernimmt vollständig oder verauslagt die Verfahrenskosten für Ihre Scheidung, wenn Sie infolge Ihrer bescheidenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse bedürftig sind.
- Soweit Ihr Ehegatte unterhaltspflichtig und leistungsfähig ist, müssen Sie Ihren Ehegatten vorher auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses in Anspruch nehmen.
- Ihr Einkommen mindert sich um eine Reihe von Freibeträgen.
- Vermögenswerte müssen Sie vorher aufbrauchen. Dabei steht Ihnen ein Schonvermögen zu. Auch ein angemessenes Kfz oder eine Ihrem Wohnbedarf angemessene Immobilie gehören zum Schonvermögen.
- Mit einer Scheidungsfolgenvereinbarung reduzieren Sie das Kostenrisiko des Scheidungsverfahrens.
- Mehrbedarf und einmaliger Bedarf reduzieren als besondere Belastungen Ihr Einkommen.
Kurz erläutert: Was ist Verfahrenskostenhilfe (VKH)?
Verfahrenskostenhilfe ist eine staatliche Fürsorgeleistung. Sie haben Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe, wenn Sie überhaupt kein Einkommen haben (z.B. Hausfrau, Student) oder Ihr Einkommen so gering ist (z.B. Hartz-IV), dass Sie es sich nicht leisten können, die für die Führung eines gerichtlichen Verfahrens anfallenden Gebühren aus eigener Tasche zu bezahlen. Dazu müssen Sie Ihre Bedürftigkeit nachweisen. Auch für Ihre Scheidung können Sie Verfahrenskostenhilfe bewilligt erhalten. Die Kosten fallen deshalb an, weil das Gericht für die Durchführung des Scheidungsverfahrens Gerichtsgebühren in Rechnung stellt und Sie wegen des Anwaltszwangs vor den Familiengerichten einen Rechtsanwalt beauftragen müssen. Nur ein Rechtsanwalt kann den Scheidungsantrag für Sie bei Gericht einreichen und Sie vor Gericht vertreten.
Antrag auf Verfahrenskostenhilfe
Erklärung Ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei...
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Tipp 1: Haben Sie Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss gegenüber Ihrem Ehegatten?
Anträge auf Verfahrenskostenhilfe scheitern immer wieder daran, dass der Ehegatte aufgrund seiner Einkommensverhältnisse unterhaltsrechtlich verpflichtet ist, Ihnen zur Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens einen Verfahrenskostenvorschuss zu gewähren. Sie gelten dann als nicht bedürftig. Daher müssen Sie Ihren Ehegatten vorab in Anspruch nehmen. Um die Situation einzuschätzen, können Sie sich beim Amtsgericht einen Beratungshilfeschein abholen, der Sie berechtigt, sich gegen einen Eigenanteil von 15 EUR von einem Rechtsanwalt Ihrer Wahl beraten zu lassen. Sind Sie oder Ihr Ehegatte rechtsschutzversichert, übernehmen die Rechtsschutzversicherer regelmäßig auch die Kosten für eine Erstberatung in familienrechtlichen Angelegenheiten. Sie übernehmen aber nicht die Gebühren für das Scheidungsverfahren.
Tipp 2: Beantragen Sie VKH in Verbindung mit Ihrem Scheidungsantrag
Idealerweise kombinieren Sie Ihren Scheidungsantrag mit einem Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe. Das Gericht wird das Scheidungsverfahren nur durchführen, wenn es Ihnen vorab Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Verfahrenskostenhilfe gibt es nur auf Antrag. Für den Antrag müssen Sie das amtlich vorgeschriebene Formular „Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- und Verfahrenskostenhilfe“ verwenden. Sofern Sie zuerst den Scheidungsantrag stellen, riskieren Sie, dass Sie die Scheidung nicht durchführen können, sollte Ihnen das Gericht die später beantragte Verfahrenskostenhilfe nicht bewilligen.
Tipp 3: Achten Sie auf die Freibeträge
Ob Sie Verfahrenskostenhilfe bekommen, hängt von Ihrem Einkommen ab. Ihr Einkommen mindert sich um Freibeträge. Diese wurden zum 1.1.2024 erhöht.
- für jeden volljährigen Erwachsenen (Kind, Elternteil) 396 Euro,
- für Kinder vom 15. bis vollendetem 18. Lebensjahr 414 Euro,
- für Kinder vom 7. bis vollendetem 14. Lebensjahr 342 EUR und
- für Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres 314 EUR.
Auch Ihr volljähriges Kind hat Anspruch auf Unterhalt, wenn es sich in der Schul- oder Berufsausbildung befindet und bei einem Elternteil wohnt und Sie augenblicklich keinen Unterhalt leisten.
Tipp 4: Sie brauchen Ihr Schonvermögen nicht anzutasten
Auch Ihre Vermögenswerte zählen. Verwertbares Vermögen müssen Sie aufbrauchen, bevor Sie staatliche Hilfeleistungen in Anspruch nehmen. Allerdings gewährt der Staat ein Schonvermögen. Dieses beträgt seit 1.4.2017: 5.000 EUR. Leisten Sie gesetzlichen Unterhalt, erhöht sich Ihr Schonvermögen um weitere 500 EUR je Kind. Ein Ihren Verhältnissen angemessenes Kraftfahrzeug oder eine Immobilie brauchen Sie nicht zu verkaufen oder zu beleihen. Ob eine Immobilie angemessen ist, beurteilt sich nach Ihrem Wohnbedarf.
Tipp 5: Ihre Alterslebensversicherung gehört zum Schonvermögen
Anträge werden teils auch zurückgewiesen, weil der Antragsteller darauf verwiesen wird, für die Verfahrenskosten der Scheidung den Rückkaufswert der Lebensversicherung einzusetzen, der das Schonvermögen übersteigt. Der Bundesgerichtshof (X ZB 55/08) entschied jedoch, dass Sie eine Lebensversicherung nicht zu verwerten brauchen, wenn sie der Alterssicherung dient und die Altersversorgung ohne das eingezahlte Kapital nicht mehr gewährleistet ist. Voraussetzung sei aber, dass der Lebensversicherungsvertrag so gestaltet ist, dass das Kapital im Hinblick auf seine Fälligkeit und Zweckbindung für die Altersversorgung bestimmt und geeignet ist. Daran fehle es, wenn der Antragsteller als Versicherungsnehmer frei über das Kapital verfügen könne. Außerdem komme es darauf an, dass der Antragsteller ohne das Kapital aller Wahrscheinlichkeit nach im Alter sozialhilfebedürftig werden würde.
Tipp 6: Machen Sie wahrheitsgemäße Angaben
Sie sind verpflichtet, im Antrag auf Verfahrenskostenhilfe wahrheitsgemäße Angaben zu machen und müssen ausdrücklich versichern, dass Ihre Angaben vollständig und wahr sind. Fehlerhafte Angaben können strafbar sein. Wahrheitsgemäße Angaben empfehlen sich allein schon deswegen, dass Ihr Ehegatte zu Ihrem Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe Stellung nehmen muss. Er erhält damit Einsicht in Ihre vollständigen Einkommens- und Vermögensauskünfte. Da er regelmäßig über Ihre Verhältnisse informiert sein dürfte, müssen Sie damit rechnen, dass er fehlerhafte Angaben beanstandet und das Gericht davon Kenntnis erhält.
Tipp 7: Teilen Sie Verbesserungen und Verschlechterungen Ihrer Einkommensverhältnisse mit
Wurde Ihnen Verfahrenskostenhilfe bewilligt, sind Sie verpflichtet, nach Ihrer rechtskräftigen Scheidung vier Jahre lang das Gericht zu informieren, wenn sich Ihre Einkommensverhältnisse wesentlich verbessert haben. Unterlassen Sie die Information, müssen Sie damit rechnen, dass das Gericht mindestens die bewilligte Ratenzahlung auf die verauslagten Verfahrenskosten widerruft und Sie die verauslagten Gebühren in einer Summe zurückzahlen müssen. Verdienen Sie mehr, kann das Gericht auf die verauslagten Gebühren Raten festsetzen oder bestehende Raten erhöhen sowie Zahlungen aus Ihrem Vermögen anordnen. Als wesentliche Verbesserung ist jede nicht nur einmalige Verbesserung von mehr als 100 EUR brutto im Monat zu verstehen. Gleiches gilt, wenn sich ursprünglich geltend gemachte Abzüge, Wohnkosten, Zahlungsverpflichtungen oder besondere Belastungen um mehr als 100 EUR im Monat reduzieren.
Verschlechtern sich Ihre Einkommensverhältnisse, sollten Sie das Gericht informieren und bitten, Sie zu entlasten. Das Gericht kann bislang festgesetzte Raten herabsetzen oder bestimmen, dass Sie überhaupt keine Raten mehr zahlen müssen. Als Orientierungsmaßstab gelten auch hier ca. 100 EUR.
Tipp 8: VKH wird nur für Ihre Person bewilligt, nicht für Ihren Ehegatten
Wird Ihnen VKH bewilligt, übernimmt die Gerichtskasse nur die Gebühren für Ihren eigenen Rechtsanwalt. Lässt sich auch Ihr Ehegatte durch einen Rechtsanwalt vertreten, muss er dessen Anwaltsgebühren selbst bezahlen oder selbst einen eigenen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe bei Gericht stellen. Das Problem stellt sich nicht, wenn Sie sich einvernehmlich scheiden lassen. Dann brauchen Sie ohnehin nur einen einzigen Rechtsanwalt zu beauftragen, der den Scheidungsantrag beim Gericht einreicht. Ihr Ehegatte stimmt Ihrem Scheidungsantrag lediglich zu und braucht keinen eigenen Rechtsanwalt zu beauftragen.
Tipp 9: Vermeiden Sie Kostenrisiken mit einer Scheidungsfolgenvereinbarung
Sofern Sie eine Scheidungsfolge gerichtlich geltend machen möchten, können Sie für jede Scheidungsfolge auch Verfahrenskostenhilfe beantragen. Allerdings verursachen Sie damit ein erhöhtes Kostenrisiko für den Fall, dass Sie im Verfahren wegen einer Scheidungsfolge kein Recht bekommen. In dem Fall wären Sie verpflichtet, die Anwaltsgebühren Ihres Ehegatten zu erstatten. Sie können die Risiken eingrenzen, wenn Sie sich auf eine Scheidungsfolgenvereinbarung verständigen, die Sie dem Familienrichter aus Anlass des mündlichen Scheidungstermins zu Protokoll diktieren. In einer solchen Scheidungsfolgenvereinbarung regeln Sie kostengünstig alles, was Sie im Hinblick auf Ihre Trennung und Scheidung regeln möchten.
Tipp 10: Ihre Rechtsschutzversicherung oder die Ihres Ehegatten ist nicht relevant für VKH
Sind Ihr Ehegatte oder Sie selbst rechtsschutzversichert, zahlt die Versicherung im Regelfall nur die Kosten einer Erstberatung beim Anwalt. Sie übernimmt aber nicht die Verfahrenskosten für Ihre Scheidung. Auch wenn im Formular, mit dem Sie VKH beantragen, nach einer Rechtsschutzversicherung gefragt wird, ist die Frage im Hinblick auf Ihre Scheidung nicht relevant. Sie können die Frage also getrost mit Nein beantworten. Sie brauchen insoweit auch keine Befürchtung haben, dass Sie Probleme bekommen, weil der Versicherungsvertrag auf Ihren Ehegatten läuft. Zwar sind Sie in dessen Police als Familienmitglied automatisch einbezogen, da der Versicherungsvertrag aber nicht zum Tragen kommt, spielt die Police keine Rolle.
Und noch ein Tipp: Machen Sie besondere Belastungen geltend (30 SGB XII). In Betracht kommen:
- Sie sind in der 13. Woche schwanger (17 % Mehrbedarf nach § 30 Abs.II SGB XII),
- Sie versorgen ein oder mehrere minderjährige Kinder und sind allein für ihre Pflege und Erziehung verantwortlich (12 bis 36 % Mehrbedarf nach § 30 Abs. III SGB XII),
- Sie sind behindert und erhalten Leistungen gemäß SGB XI oder (§ 30 Abs. IV SGB XII),
- Sie bedürfen aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung (§ 30 Abs. V SGB XII),
- Leistungen für Erstausstattungen für Wohnung und Haushaltsgeräte, Schwangerschaft und Geburt, Anschaffung und Reparatur von orthopädischen Schuhen oder therapeutischen Geräten (Einmalige Bedarfe § 31 SGB XII),
- Beiträge für die Altersversorgung (§ 33 SGB XII).
Fazit
Auch bei Verfahrenskostenhilfe geht es ums liebe Geld. Jedes Wort zu viel oder zu wenig kann für Sie nachteilige Konsequenzen haben. Lassen Sie sich möglichst beraten, wenn Sie den Fragebogen ausfüllen, mit dem Sie Verfahrenskostenhilfe beantragen. Gerne sind wir Ihnen hierbei behilflich.
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